Die Dekarbonisierung der Wirtschaft ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Dabei spielt Wasserstoff eine Schlüsselrolle: Er kann fossile Energieträger in der Industrie, im Verkehr und in Teilen der Energieversorgung ersetzen – überall dort, wo Strom allein nicht ausreicht. Besonders für Branchen wie Stahl, Chemie oder Raffinerien ist Wasserstoff oft die einzige realistische Option, um klimaneutral zu werden. Der folgende Beitrag beleuchtet das Thema Wasserstoff und verschafft einen Überblick zum aktuellen Status, der heimischen Strategie und der Versicherbarkeit von Wasserstoffanlagen.
Europäische Strategien und Initiativen
Viele europäische Länder haben die Bedeutung von Wasserstoff bereits erkannt und setzen gezielt auf den Aufbau einer eigenen Wasserstoffwirtschaft. Die Europäische Union verfolgt mit ihrer Wasserstoffstrategie das Ziel, bis 2050 eine klimaneutrale Wirtschaft zu erreichen und den Anteil erneuerbarer Energien deutlich zu erhöhen. Nationale Wasserstoffstrategien und Initiativen wie der European Hydrogen Backbone treiben den Ausbau eines grenzüberschreitenden Wasserstoffnetzes voran, das große Industriezentren, Speicher und Produktionsstandorte verbindet.
Die Planungen für den schrittweisen Ausbau der Infrastruktur laufen in zahlreichen Mitgliedsstaaten, und bereits ab 2027 sollen erste Netzabschnitte für erneuerbaren Wasserstoff in Betrieb gehen.
Parallel dazu wird die Produktionskapazität erhöht: Bis 2030 sollen europaweit Elektrolyseure mit einer Leistung von mindestens 40 Gigawatt (entspricht ca. 40 Atomkraftwerken) installiert sein – das entspricht mehreren hundert Terawattstunden grünem Wasserstoff pro Jahr (im Vergleich: Stromverbrauch Italien bei ca. 300 TWh pro Jahr). Die Nachfrage ist da: Der aktuelle Wasserstoffbedarf in Europa liegt bei mehreren Millionen Tonnen jährlich, fast ausschließlich für industrielle Prozesse. Bis 2040 wird ein Vielfaches davon erwartet.
Wasserstoffstrategie Österreich
Auch Österreich hat die Bedeutung von Wasserstoff erkannt und setzt gezielt auf den Aufbau einer eigenen Wasserstoffwirtschaft.
Das Ziel ist klar: Bis 2040 soll auch hierzulande ein bundesweites Wasserstoffnetz entstehen, um eine Verbindung zwischen Industriezentren, Speichern und Produktionsstandorten zu schaffen. Die Planungen für den schrittweisen Ausbau des Leitungsnetzes liegen bereits vor, im Zeitraum 2027-2029 soll erneuerbarer Wasserstoff über die ersten Netzabschnitte transportiert werden.
Zudem sollen bis 2030 sollen Elektrolyseure mit einer Leistung von 1 Gigawatt installiert sein – das entspricht etwa 3,5 Terawattstunden grünem Wasserstoff pro Jahr. Anfang 2025 sind Elektrolyseure mit einer Leistung von 18 MW in Betrieb, ca. 350 MW befinden sich in Bau oder in fortgeschrittener Planung.
Für die Zielerreichung ist also noch ein erheblicher Ausbau der Kapazitäten in den kommenden Jahren erforderlich.
Was macht Wasserstoffprojekte hinsichtlich Risikomanagement besonders?
Der Weg in die Wasserstoffzukunft ist anspruchsvoll. Die Technik ist komplex, die Investitionen sind hoch, und die Risiken sind vielfältig.
Ein systematischer Ansatz zur Risikobewertung, der sowohl technische als auch wirtschaftliche und regulatorische Faktoren berücksichtigt, sollte deshalb in allen Projektphasen implementiert werden.
Denn Wasserstoff ist ein anspruchsvoller Energieträger, der extrem leicht, geruchs- und farblos ist und eine kaum sichtbare Flamme hat. Die Zündenergie ist sehr niedrig – das macht Wasserstoff hochexplosiv. Gleichzeitig kann Wasserstoff Metalle verspröden und in Kunststoffe eindringen, was zu Leckagen führen kann. Für Risikomanager bedeutet das: Schon bei der Planung und beim Bau von Anlagen müssen Materialien und Komponenten sorgfältig ausgewählt werden. Nicht jedes Rohr oderjedes Ventil ist für Wasserstoff geeignet.
Auch der Betrieb verlangt besondere Aufmerksamkeit. Regelmäßige Wartung, Sicherheitsrundgänge und die Schulung des Personals sind Pflicht. Detektoren für Wasserstoff, Notfallpläne und ein durchdachtes Explosionsschutzkonzept gehören zum Standard. Besonders kritisch sind Schnittstellen zu bestehenden Erdgasnetzen: Hier müssen die Risiken durch Wasserstoffexposition genau bewertet werden.
Für Versicherer und Risikomanager ist es entscheidend, das gesamte System im Blick zu behalten – nicht nur die Hauptanlage, sondern auch Nebenaggregate, Peripherie und die Logistik. Die Erfahrung der Betreiber, die Qualität der Wartung und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen spielen eine große Rolle für das Gesamtrisiko. Auch externe Faktoren wie Naturgefahren (z.B. Erdbeben, Überschwemmungen) dürfen nicht unterschätzt werden.
Was bedeutet das für die Versicherbarkeit?
Wasserstoffanlagen sind versicherbar – aber nur, wenn das Risikomanagement stimmt. Versicherer achten besonders auf:
- Die technische Auslegung und die Einhaltung von Sicherheitsstandards,
- die Erfahrung der Betreiber und Hersteller,
- regelmäßige Inspektionen und Zertifizierungen durch unabhängige Dritte,
- klare Notfall- und Wartungskonzepte.
Schäden durch Korrosion, Materialermüdung oder Serienfehler werden oft ausgeschlossen oder mit hohen Selbstbehalten versehen. Auch die Wiederbeschaffungszeiten für Ersatzteile und die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten sind wichtige Faktoren.
Fazit
Trotz seines anspruchsvollen Charakters, ist Wasserstoff ein zentraler Baustein für die klimaneutrale Zukunft – und ein spannendes Feld für das Risikomanagement. Wer frühzeitig die richtigen Fragen stellt, technische und organisatorische Risiken im Griff hat und auf eine enge Zusammenarbeit mit Versicherern setzt, kann die Chancen der Wasserstoffwirtschaft nutzen und gleichzeitig die Risiken beherrschbar machen. Bei Fragen rund ums Thema Wasserstoff stehen unsere Expert:innen der GrECo Risk Engineering GmbH jederzeit zur Verfügung.



