“Prognosen sind schwierig – besonders, wenn sie die Zukunft betreffen”
(Niels Bohr, Nobelpreisträger für Physik)
Neben den bereits viel diskutierten “Emerging Risks“ als neue, schwer erfass- und abschätzbare Bedrohungen wird auch vermehrt über „Black Swan-Ereignisse“ diskutiert. Darunter versteht man Zwischenfälle, die im Vorhinein so abwegig erscheinen, dass sie die eigene Vorstellungskraft übersteigen.
Historisch ist zuweilen zu beobachten, dass sich „Black Swan-Ereignisse“ zu „Emerging Risks“ entwickeln können und schließlich als „konventionelle“ Risiken etablieren, die auch im Standard-Risk-Management-Prozessen erfasst werden. Cyber-Risiken, Blackout oder Pandemien könnte man in diese Entwicklung einreihen.
Mangel an Patentrezepten für komplexe Themen
Für die strategische Unternehmensführung wie auch für das Risk Management im Unternehmen gewinnen damit strategische Früherkennungssysteme wieder an Bedeutung. Grundsätzlich ist diese Thematik in der betriebswirtschaftlichen Theorie und Praxis nicht neu, es fehlen aber aufgrund der Komplexität dieser Fragestellung nach wie vor „Patent-Rezepte“. Dies vor allem deshalb, weil aufgrund fehlender Erfahrungswerte für solche Ereignisse subjektive Beurteilungen und Einschätzungen naturgemäß unterschiedlich ausfallen können. Wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit diesem Thema lassen sich bereits bis in die Mitte der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückverfolgen.
Das Konzept der „schwachen Signale“ von Ansoff gilt in der Betriebswirtschaftslehre diesbezüglich als Meilenstein.
Schon Ansoff hat festgestellt, dass Unternehmen deshalb von Diskontinuität überrascht werden, weil traditionelle Planungsverfahren – in Hinblick auf die rechtzeitige Berücksichtigung solcher Situationen – ungeeignet sind. Nach Ansoff sind auftretende Diskontinuitäten durch die Wahrnehmung sogenannter „schwacher Signale“ (weak signals) identifizierbar. Als Quelle schwacher Signale nennt er beispielsweise:
Zu beobachten ist dabei sowohl die Systemumwelt, als auch das System selbst (Insystem und Umsystem des Unternehmens). Ansoff stellt schon damals fest, dass dieser Prozess einer gewissen Organisation und Formalisierung bedarf und eine klassische Team-Aufgabe darstellt, bei der die bekannten Kreativitätstechniken (wie Brainstorming oder Szenario-Technik) eingesetzt werden können. Er betont auch, dass diese Veränderungen immer Risiken, aber auch Chancen bedeuten. Oder mit Max Frisch zu sprechen: „Krise kann ein produktiver Zustand sein. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“
Black-Swan Ereignisse und Risikomanagement
Getrieben durch die jüngsten Turbulenzen haben sich auch die Universitäten wieder mit dem „Management des Unvorstellbaren“, also dem Risk-Management von Black Swan-Ereignissen, befasst. Denn klassisches Risikomanagement stößt rasch an Grenzen, wenn es an das Unvorstellbare geht.
Wie man auch das Unvorstellbare fassen könnte, hat Harvard-Strategie-Professor Robert S. Kaplan in mehreren Publikationen diskutiert. Er nennt dabei drei Hürden, die die Menschen mitbringen:
Kaplan schlägt zwei organisatorische Alternativen vor:
Fazit: Je mehr wir durch neue unerwartete Bedrohungen überrascht und betroffen werden, desto innovativere, kreativere und ungewöhnlichere Methoden müssen zur Erfassung und Bewertung dieser Risiken entwickelt werden. Oder mit Albert Einstein zu sprechen: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in der gedenke ich zu leben.“
Quellen:
Ansoff, I. ”Managing Surprise and Discontinuity …“ in Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (ZfbF) 28 (1976), Seite 129 ff
Kaplan, R. Harvard Business Review 2020/11

Christian Oppl
Dean GrECo Academy
T +43 5 04 04 260
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